Aktuelles aus dem Projekt

LIFE AV-Newsletter 2021-01
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Stolberg, 21. April 2021

Liebe Interessierte am Projekt LIFE-Amphibienverbund,

Ende vergangenen Jahres haben wir das vierte Jahr LIFE Amphibienverbund vollendet und erreichen diesen Sommer die Halbzeit des auf neun Jahre angelegten Projekts. Das außergewöhnliche letzte Jahr hat uns in der Öffentlichkeit behindert, die Amphibienschutzmaßnahmen aber konnten alle wie geplant umgesetzt werden. Was im gesamten letzten Jahr geschafft wurde und was wir uns für dieses Jahr vorgenommen haben, wollen wir hier berichten.

Es grüßt herzlich das Team LIFE-Amphibienverbund der Biologischen Station StädteRegion Aachen e.V.

Rückblick

Anlage von Laichgewässern

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Insgesamt wurden seit Projektbeginn bis Ende 2020 rund 360 Gewässer neu angelegt bzw. saniert. Die Hälfte der geplanten Gewässer-Maßnahmen konnte damit bereits umgesetzt werden. 2020 wurden in den Stolberger Gebieten Binsfeldhammer, Bernhardshammer und Birkengang sowie in der ehemaligen Tongrube Beggendorf bei Baesweiler technogene Gewässer angelegt. Als neuer Maßnahmentyp wurden erstmals auch Brunnenringe mit einem Durchmesser von zwei Metern eingebaut.

Durch die regelmäßige Gebietsbegehung der Amphibien-RangerInnen konnte letztes Jahr rechtzeitig gehandelt werden, als im NSG Schomet bei Breinig das Abgrabungsgewässer austrocknete. Es wurden PE-Becken als Notquartier eingebaut, mit Wasser gefüllt und neben zahlreichen Kaulquappen der Geburtshelferkröte auch mehrere hundert Molchlarven, darunter auch Kammmolchlarven, umgesetzt.

Einige der Gewässer wurden außerhalb von Gebieten mit aktuellen Vorkommen von Zielarten angelegt. Sie bilden Trittsteinbiotope und ermöglichen die Wanderungen der Tiere zwischen den einzelnen Vorkommen. Gebiete mit Vorkommen und Trittsteinbiotope bilden zusammen einen Biotopverbund, in dem sich die Tiere bewegen können. Damit wird eine genetische Vermischung zwischen den Populationen möglich.

Auch Partner, mit denen wir zusammenarbeiten, haben Maßnahmen umgesetzt: Der Arbeitskreis Naturschutz hat im ehemaligen Steinbruch Vygen bei Stolberg Werth 44 Betongewässer anlegen lassen, die StädteRegion Aachen drei solcher Becken auf der Halde Hofstadt und der Steinbruchbesitzer BSR auf eigene Kosten sechs Becken im Steinbruch Franhsen.

Verbesserung der Landlebensräume

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Versteckmöglichkeiten

Die meisten Amphibienarten und so auch unsere drei Zielarten benötigen Versteckmöglichkeiten, um sich vor dem Austrocknen zu schützen. Sie suchen diese tagsüber, in Trockenphasen oder zur Überwinterung auf. Die Geburtshelferkröte nutzt Verstecke in unmittelbarer Nähe zu den Gewässern. Deshalb wurden im verfüllten Bereich des Steinbruchs Vygen am Rande der neu angelegten Gewässer fünf Steinschüttungen errichtet und durch den Arbeitskreis Naturschutz zusätzlich zwei Sandhaufen angelegt. Über die Bruchsteinmauer im Geschützten Landschaftsbestandteil Birkengang haben wir im letzten Newsletter berichtet. Sie bietet Geburtshelferkröten Tagesversteck und Überwinterungsmöglichkeit.

Extensive Ackerbewirtschaftung über Vertragsnaturschutz

Die über zwei Hektar große ehemalige Ackerfläche der StädteRegion Aachen am Blausteinsee wurde im Rahmen des Kulturlandschaftsprogramms unter Vertrag genommen und in Teilen in eine Ackerbrache und einen Blühstreifen umgewandelt. Dieser Schritt bildet die Voraussetzung dafür, dass auch hier demnächst ein Gewässer für Kreuzkröten angelegt werden kann.

Die StädteRegion Aachen konnte um das Bergsenkungsgewässer Sueren Pley weitere Acker- und Grünlandflächen ankaufen. Diese Flächen werden seit dem Herbst 2020 nur noch extensiv genutzt bzw. ausgehagert und zukünftig im Rahmen des Kulturlandschaftsprogramms bewirtschaftet.

Faunistisches Monitoring

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2020 wurde das Monitoring mit Hilfe von Studenten und Amphibien-RangerInnen fortgeführt. Vielen Dank an dieser Stelle für die tatkräftige Unterstützung! Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die im Projekt angelegten Gewässer gut von den drei Zielarten angenommen werden. Eine Herausforderung wird sein, den Pionier-Charakter der Gewässer über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Dazu ist eine regemäßige Pflege der Gewässer notwendig.

Die Situation der drei Zielarten im Einzelnen:

Gelbbauchunke

Die jährliche Zählung der Gelbbauchunken wurde 2020 fortgeführt, teilweise im Rahmen einer Masterarbeit. Betrachtet wurde neben der aktuellen Populationsgröße auch, wie unterschiedliche Gewässertypen von der Gelbbauchunke angenommen werden. In den Gebieten, in denen bereits Maßnahmen durchgeführt wurden, lässt sich eine Zunahme der erwachsenen Gelbauchunken feststellen. Viele der Becken wurden von den Unken angenommen und zur Vermehrung genutzt.

Darüber hinaus wurde untersucht, ob die im Jahr 2019 wiederangesiedelten Gelbbauchunken ein Jahr später an den Besatz-Gewässern angetroffen werden. 2020 konnten fünf der 2019 freigelassenen Tiere an den Becken wiederentdeckt werden. Laut Einschätzung des Züchters, der selber mehrere Ansiedlungen in den Niederlanden vorgenommen hat, ist die geringe Zahl von Rückkehrern im ersten Jahr nach der Ansiedlung nicht ungewöhnlich. Die Tiere kommen in der Regel erst ab dem zweiten Jahr, wenn sie geschlechtsreif sind, zu den Gewässern zurück.

Verbreitungskarten Gelbbauchunke

Geburtshelferkröte

Im NSG Carl-Alexander ist zwar das ehemalige Haldengewässer mittlerweile ausgetrocknet, die Geburtshelferkröten haben aber vier der neu angelegten Betongewässer genutzt, um Larven abzusetzen.

Im bereist verfüllten Teil des Steinbruchs Vygen konnten 2020 aus den 2019 angelegten Steinschüttung die Rufe von fünf erwachsenen (adulten) Tieren vernommen werden. In den neu angelegten Gewässern haben 2020 hier überwinternde Adulte (erwachsene Tiere) Larven abgesetzt. Die Adulten, die aus dem in Verfüllung befindlichen Bereich in den bereits verfüllten Teil des Steinbruchs umgesiedelt wurden, haben somit ihren neuen Lebensraum angenommen.

Den Amphibien-RangerInnen gelangen mehrere Nachweise in Gebieten mit bekannten Vorkommen: Wie in den Jahren zuvor konnten Rufer im NSG Schomet und Rüst nachgewiesen werden. Neu war der Fund eines Einzeltieres, welches auf der Straße „Am Holderbusch“ in Stolberg-Münsterbusch gefunden wurde. Außerdem wurden zwei Rufer in einem Garten im Bereich Waldfriede in Stolberg entdeckt.

Weitere Fundmeldungen gab es in Büsbach. In mehreren Privatgärten leben Geburtshelferkröten und ebenso auf dem Friedhof, wo sie die Tauchbecken nutzen, um die Larven abzusetzen. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit haben wir an beiden Friedhofseingängen Schilder angebracht mit einem Hinweisschild auf die Tiere und wie damit umgegangen werden soll.

Verbreitungskarten Geburtshelferkröte

Kreuzkröte

Die Untersuchungen zeigen, dass auch die Kreuzkröte von den bis dato durchgeführten Maßnahmen bereits profitiert.

Besonders erfreulich war, dass im NSG Noppenberg zwischen Alsdorf und Herzogenrath wieder die Rufe der Kreuzkröte vernommen und ihre Laichschnüre in einigen Becken entdeckt wurden. Die Kreuzkröte konnte sich hier mehrere Jahre in Folge nicht vermehren, weil es an Gewässern fehlte. Im NSG Carl-Alexander legten Kreuzkröten in mindestens 15 der knapp 28 neu angelegten technogenen Gewässer Laich ab.

Ein weiterer Nachweis von Kreuzkröten-Laich gelang in einer Ackersenke bei Sueren Pley (Alsdorf), die allerdings rasch austrocknete. Von dem angrenzenden Bergsenkungsgebiet wurden zudem einige wenige adulte Tiere gemeldet.

Erfreulich war auch, dass eine Amphibien-Rangerin im NSG Steinfurt in Eschweiler im Frühjahr 2020 eine adulte Kreuzkröte nachgewiesen hat. Hier war zuvor mehrere Jahre lang kein Nachweis mehr geglückt und man war davon ausgegangen, dass die Kreuzkröte verschwunden seien. Leider ist es im letzten Jahr bei der einmaligen Beobachtung geblieben. Problematisch im Gebiet ist, dass die vorhandenen Fahrspuren und Grabungen sehr schnell austrocknen. Es wurde angeregt, dass über die Bundeswehr als Ausgleichsmaßnahme ein Betongewässer angelegt wird. Über das Projekt sind keine Maßnahmen möglich, da wegen der militärischen Nutzung die dauerhafte Sicherung der Flächen für den Naturschutz nicht gewährleistet ist.

In den Gebieten Maria Hauptschacht in Alsdorf und der Kieswäsche in Kinzweiler konnten die Amphibien-Ranger beobachten, dass Kreuzkröten mehrmals im Jahresverlauf gelaicht haben. DIe RangerInnen konnten auch die Umwandlung der Kaulquappen verfolgen. Die Stadt Alsdorf hat freundlicherweise einmal das fast ausgetrocknete Becken auf Maria Hauptschacht wieder aufgefüllt und dafür gesorgt, dass sich Jungtiere fertig entwickeln konnten.

Mit über 60 Laichschnüren hat die Kreuzkröte im Stolberger Steinbruch Vygen die neuen Gewässer schnell in Beschlag genommen. Im Spätsommer konnte eine weitere erfolgreiche Reproduktion auf der Halde Hofstadt belegt werden.

Verbreitungskarten Kreuzkröte

Ausblick auf das laufende Jahr

Amphibienschutz

In diesem Jahr wollen wir die Planung weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der Amphibien-Lebensräume im Raum Alsdorf, Eschweiler, Stolberg und Würselen vorantreiben.

Im Februar und März wurden im Schutzgebiet Münsterbusch in Stolberg und Heide Steinfurt in Eschweiler durch die Bundeswehr mit Panzern bzw. durch einen Schlepper die Fahrspuren erneut verdichtet und für die kommende Saison „ertüchtigt“. In nächster Zeit steht die Umsetzung weiterer Gewässer-Maßnahmen im NSG Bärenstein in Stolberg an.

An dem Biotop-Verbund wird weitergearbeitet. So sollen im Raum Stolberg die bestehenden Vorkommen vernetzt und technogene Gewässer als Trittsteine in den Korridoren angelegt werden. Hierzu sollen in diesem Jahr die notwendigen Abstimmungen erfolgen.

Die Vorkommen der Geburtshelferkröten in den gemeldete Privatgärten soll überprüft und die Besitzer beraten werden, was sie zum Schutz der Geburtshelferkröte unternehmen können.

Wiederansiedlung von Gelbbauchunken

Auch in diesem Jahr hoffen wir auf zahlreichen Nachwuchs aus der Gelbbauchunkenzucht und werden die Bestände mit weiteren Wiederansiedlungen stärken.

Ausbildung von Amphibien-RangerInnen

An der Ausbildung weiterer Amphibien-Ranger 2021 halten wir zunächst fest und hoffen sehr, dass wir den Kurs mit einem Corona-Schutzkonzept durchführen können.

Wanderausstellung

Die Eröffnung einer Wanderausstellung ist für dieses Jahr angedacht. Das Energeticon stellt seine Räumlichkeiten dafür zur Verfügung und wird die Ausstellung auch einige Zeit präsentieren. Sobald wir konkret planen können und die Pandemie-Situation eine Eröffnung erlaubt, werden wir Sie wieder informieren.

Weiteres

Veröffentlichung

Verbreitung, Biologie und Schutz der Gelbbauchunke Bombina variegata (Linnaeus, 1758)

Hrsg. NADJAFZADEH, M., BUSCHMANN, H., SCHLÜPMANN, M.

Ffm. 2020, geb., Großformat. Mertensiella 29, 210 Seiten, viele Abb., Beiträge in Deutsch und Englisch 54,00€

Hier erhältlich

Veranstaltungen

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WICHTIG: bitte die aktuellen Meldungen auf dieser website im Auge behalten. Falls Veranstaltungen aus Pandemie-Gründen abgesagt werden müssen, teilen wir das dort mit!

28.05.2021 (20:30 bis 22:30 Uhr)
Exkursion im Wurmtal: Vom Glockenfrosch, der eine Kröte ist
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19.6.2021 (10:00 bis 13:00 Uhr)
Exkursion auf die Halde Carl-Alexander: Vom schwarzen Berg zur grünen Oase
Gemeinsame Exkursion mit dem NABU Aachen Land.
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19.6.2021 (16:30 bis ca. 21:00):
Exkursion in Steinbrüche bei Stolberg – LIFE-Amphibienverbund Lebensräume für gefährdete Amphibienarten in der StädteRegion Aachen
Gemeinsame Veranstaltung mit dem Arbeitskreis Amphibien Reptilen des NABU NRW.
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