Lebensräume für gefährdete Amphibienarten in der StädteRegion Aachen
Hilfe für Amphibien auch außerhalb des Projekts "LIFE Amphibienverbund"
Gehölzmaßnahme in Gehlen´s Kull rettet Mauereidechse und Geburtshelferkröte
Stolberg, 24. Januar 2019. Die Felsen im ehemaligen Steinbruch „Gehlen´s Kull“ nahe der Stolberger Altstadt werden Anfang Februar von Bäumen und Sträuchern freigestellt. Damit sollen die Lebensräume der gefährdeten Arten Mauereidechse und Geburtshelferkröte verbessert und langfristig erhalten werden. Finanziell unterstützt wird die Maßnahme von der HIT-Umweltstiftung.
Steinbruch, Müllhalde, Naherholungsgebiet: der Bereich „Gehlen´s Kull“ nahe der Stolberger Altstadt hat eine wechselvolle Geschichte. Die Grünfläche nahe der Stolberger Burg mit ihrem idyllischen Teich wird seit über 20 Jahren von der Kupferstadt Stolberg unter der Regie des städtischen Försters Theo Preckel gepflegt und ist beliebter Treffpunkt und Ziel für so manchen Spaziergang. Vielen Stolbergern war bisher nicht bekannt, dass das Naherholungsgebiet auch von zwei stark gefährdeten Reptilien- und Amphibien-Arten besiedelt wird: der Mauereidechse und der Geburtshelferkröte.
Beide Arten haben gemeinsam, dass sie sonnenbeschiene Felsen und Steinhaufen als Lebensraum nutzen. Die Steilwände des ehemaligen Kalksteinbruches sind deshalb ein idealer Lebensraum für sie. Die Tiere finden zwischen Gesteinsbrocken gute Versteckmöglichkeiten. Ein nahe gelegener Teich bietet Geburtshelferkröten ein Gewässer, in das sie ihre Larven absetzen können. Ein Problem ist allerdings, dass die von Natur aus aufkommenden Bäume und Sträucher mittlerweile die Felsen und Steinschüttungen beschatten. Die Sonne erwärmt mittlerweile nur noch Teile der Steilwand. Durch den ungehinderten Aufwuchs der Gehölze droht der Lebensraum der beiden wärmebedürftigen Arten nahe der Stolberger Altstadt über kurz oder lang verloren zu gehen. Sowohl das Vorkommen der Geburtshelferkröte, aber insbesondere das der Mauereidechse ist von herausragender Bedeutung. Die Mauereidechse ist in der StädteRegion Aachen sehr selten. Neben diesem Vorkommen rund um die Stolberger Burg gibt es nur noch zwei weitere, sehr kleine Vorkommen von Mauereidechsen in der Eifel. Die Geburtshelferkröte kommt alleine im Gemeindegebiet Stolberg an 10 verschiedenen Stellen vor. Mit etwa 15 Vorkommen ist sie in der StädteRegion zwar etwas häufiger vertreten, viele davon sind aber in einem schlechten Zustand, sie bestehen z.B. nur noch aus einigen wenigen Tieren.
Dass Stolberg in unserer Region ein „hot spot“ für die Geburtshelferkröte ist, liegt unter anderem am geologischen Untergrund. Durch Stolberg verläuft ein Kalksteinzug. Durch den Abbau des Kalkes in zahlreichen Steinbrüchen auf Stolberger Gemeindegebiet haben sich aus Menschenhand geschaffene Lebensräume für die Geburtshelferkröte ergeben. Von Natur aus kommt die Art in Nordrhein-Westfalen nur in den Auen von Mittelgebirgsbächen vor.
Mitarbeiter der Biologischen Station versuchen, die Geburtshelferkrötenvorkommen in Stolberg insgesamt zu stärken und miteinander zu vernetzen. In Gehlen´s Kull werden dazu in den nächsten Tagen als eine der Naturschutzmaßnamen die Felsen von Gehölzen befreit. Mit Hilfe eines Spezial-Baggers werden Bäume und Sträucher durch ein regionales Forstunternehmen mitsamt der Wurzel entfernt. Die Stämme und Äste werden vor Ort zerkleinert und anschließend in einem Heizkraftwerk als Hackschnitzel verwertet. Die Arbeiten werden zwei bis drei Tage in Anspruch nehmen. In dieser Zeit werden die Besucher gebeten den mit Schildern gekennzeichnet unmittelbaren Arbeitsbereich in der Nähe der Felsen aus Sicherheitsgründen zu meiden. Auch auf dem Weg von der Saarstraße ins Gebiet ist mit Behinderungen zu rechnen, da dieser Weg von den Forstfahrzeugen als Zufahrt genutzt wird. Die Maßnahme wird zum Schutz von Brutvögeln in den Wintermonaten durchgeführt. Nachteil von Forstarbeiten ich dieser Jahreszeit: Fahrspuren lassen sich bei der feuchten Witterung und dem lehmigen Boden leider nicht vermeiden. „Nach Abschluss der Forstarbeiten werden unter Mitleidenschaft gezogene Bereiche deshalb eingesät, so dass im Frühjahr wieder Gras über die Sache gewachsen ist“, beruhigt Bettina Krebs von der Biologischen Station StädteRegion Aachen. Die Biologische Station hat, unterstützt von der Kupferstadt Stolberg und der unteren Naturschutzbehörde der StädteRegion Aachen, für die Maßnahme bei der HIT-Umweltstiftung aus Siegburg einen entsprechenden Förderantrag gestellt und genehmigt bekommen. „Wir freuen uns, wenn wir lokalen Naturschutzprojekten unbürokratisch Hilfe leisten können“, so Christoph Heider von der Stiftung. „Oft sind es kleine Maßnahmen, die große Wirkung zeigen“. Weiterhin beteiligt sich mit dem Arbeitskreis Naturschutz e.V. auch ein lokaler Naturschutzverein aus Stolberg finanziell an dem Projekt. Zuspruch findet die Maßnahme auch bei Walter Meuthen, der sich seit vielen Jahren mit viel Engagement um die Sauberkeit und die Ordnung des Naherholungsgebietes kümmert.
Neben dem Naturschutzaspekt wird nach der Maßnahme auch die Felswand als geologische Besonderheit wieder besser zu sehen sein. „So kann der Schutz von bedrohten, heimischen Arten, Naturerlebnis und Naherholung gut miteinander verbunden werden.“, freut sich auch Andreas Pickhardt, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Umwelt der Kupferstadt Stolberg. Denn nach Abschluss der Arbeiten und der Wiederbegrünung der Rasenfläche steht Gehlen´s Kull den Bürgern wieder zur Naherholung zur Verfügung.