Lebensräume für gefährdete Amphibienarten in der StädteRegion Aachen
Wiederansiedlung im Raum Stolberg gestartet
Stolberger Gelbbauchunken bekommen Verstärkung
Stolberg, 29. Juli 2019. Es werden mehr und hoffentlich sind es bald so viele, dass ihr Fortbestand gesichert ist: Durch ein Wiederansiedlungsprogramm der Biologischen Station StädteRegion Aachen haben die stolberger Gelbbauchunken Verstärkung bekommen. Über 1.000 junge Unken wurden kürzlich in einem Schutzgebiet in die Freiheit entlassen.
Eine Gelbbauchunke nach der anderen wird in das Becken gesetzt. Die Jungtiere sind etwa Daumennagel-groß. Auch Kaulquappen werden in die extra für sie angelegten Teiche ausgesetzt. Knapp 600 Juvenile und rund 700 Kaulquappen hat Ben Crombaghs aus seiner Zuchtanlage in den Niederlanden mitgebracht.
Mit einer Vermehrung von Gelbbauchunken aus der Region und einer Wiederansiedlung in Schutzgebieten sollen die wenigen verbliebenen Bestände gestärkt werden. Die gezüchteten Kaulquappen und Jungtiere sind die Nachkommen von Elterntieren aus dem Raum Stolberg. Um Gelbbauchunken für die Wiederansiedlung zu gewinnen, wurden 2016 und 2017 Kaulquappen und gerade erst umgewandelte Unken (Metamorphlinge) in zwei Zuchtstationen gebracht. Eine Zucht wird von Natuurbalans-Limes Divergens BV in Nijmegen betrieben, die andere vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW in Metelen.
Letztes Jahr wurden 225 Jungtiere (Juvenile) und Kaulquappen dort freigelassen, wo 2017 Tiere für die Zucht entnommen wurden. Der diesjährige Besatz hingegen ist eine Wiederansiedlung der Gelbbauchunke in einem Gebiet, in dem die Art vor 15 Jahren zum letzten Mal nachgewiesen wurde. Die Biologische Station und der Arbeitskreis Naturschutz aus Stolberg arbeiten hier Hand in Hand, der Arbeitskreis hat die Fläche zur Verfügung gestellt, im Rahmen des LIFE-Projekts wurden dieses Frühjahr mehrere Laichgewässer angelegt.
„Von Natur aus lebt die Gelbbauchunke in Sumpfgebieten, Fluss- und Bachauen. In unserer Region existieren ihre Naturlebensräume nicht mehr, sie hat auf Truppenübungsplätzen und in Steinbrüchen Ersatzlebensräume gefunden“, erklärt Kai Kirst von der Biologischen Station, „hier müssen wir die Laichgewässer und Landlebensräume dauerhaft durch Pflegemaßnahmen erhalten.“
Bombina variegata – wie die Art unter Wissenschaftlern genannt wird - ist in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedroht. Sie kommt in der StädteRegion Aachen aktuell nur noch im Raum Stolberg mit acht kleinen bis mittel großen Beständen vor. Vier der Gebiete mit Gelbbauchunken-Vorkommen gehören zu dem europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000, es sind sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Gebiete. Dieser Gebietsstatus gibt den Tieren einen hohen Schutz, der Mensch ist seitens EU-Verordnung verpflichtet, die Art in diesen Gebieten zu erhalten.
„Die Gelbbauchunke war früher in der StädteRegion sehr viel verbreiteter als das heute der Fall ist. Wir versuchen während der Projektlaufzeit mit verschiedenen Maßnahmen die Vorkommen der Gelbbauchunke so zu stärken und zu vernetzten, dass die Tiere selbst in der Lage sind, sich zu vermehren und auszubreiten“, erklärt Bettina Krebs, Leiterin des LIFE-Projekts.
Die Biologische Station StädteRegion Aachen setzt sich seit fast 20 Jahren für die Gelbbauchunke ein. Auch die Mitglieder des Arbeitskreises Naturschutz Stolberg sind bereits seit vielen Jahren für den Schutz der Gelbbauchunke im Einsatz. Das von der EU, dem Land NRW und der StädteRegion Aachen geförderte LIFE-Projekt bringt den Amphibienschutz in der StädteRegion Aachen ein gutes Stück voran. Über neun Jahre werden mit einem Budget von rund vier Millionen Euro die Vorkommen von Gelbbauchunke, Kreuzkröte und Geburtshelferkröte gestärkt und vernetzt.
„Wir sind mit dem Erfolg der Zucht bisher sehr zufrieden“, konstatiert Bettina Krebs, „hoffen wir, dass es so weitergeht und wir dazu beitragen können, dass sich der Erhaltungszustand der Art in der StädteRegion Aachen und in NRW stetig verbessert.“
Lebensweise der Gelbbauchunke
Gelbbauchunken benötigen Landlebensräume mit hoher Strukturvielfalt und vegetationsarme flache Fortpflanzungsgewässer. Ursprünglich siedelten sie sich entlang von Bachläufen in Mittelgebirgsregionen sowie in Auenbereichen von Flussläufen an.
Heutzutage findet man Gelbbauchunken meist nur noch in Ersatzlebensräumen wie Steinbrüche, Kies-, Sand- und Tongruben sowie militärische Übungsplätze. In diesen Sekundärhabitaten lassen Abbautätigkeit und das Befahren vegetationsarme Flächen und Kleingewässer entstehen.
Die Gelbbauchunke laicht in kleinsten Gewässern, die schnell wieder austrocknen. Dadurch siedeln sich in den Pfützen kaum Pflanzen und damit auch keine räuberischen Tiere an. Sie nutzen Tümpel und Weiher aber auch zum Aufenthalt, wenn diese vegetationsreich und teilweise beschattet sind und Versteckmöglichkeiten bieten. Trocknen in langen Hitzeperioden alle Gewässer aus, verkriechen sich Gelbbauchunken an Land und suchen bevorzugt im Wald oder Gebüsch schattige und feuchte Verstecke auf. Oft sind sie in der Nähe ausgetrockneter Gewässer im Röhricht, unter Steinen oder Totholz und in Erdspalten zu finden. Den Winter überdauern sie in frostsicheren Quartieren im Wald unter morschen Baumstämmen, in Erdlöchern und -spalten, in Geröllfeldern, in teilweise mit Lehm gefüllten Steinhaufen oder Felsspalten und in Stollen von Steinbrüchen.