Lebensräume für gefährdete Amphibienarten in der StädteRegion Aachen
Robuste, pflegeleichte und artgerechte Laichgewässer
Aufbau, Einbau und Pflege im Detail
Mit diesem Projekt werden für die drei Zielarten über 600 Laichgewässer angelegt oder saniert.
Eine besondere Herausforderung ist dabei, Gewässer zu errichten, die nicht undicht werden und dauerhaft intakt bleiben, aber dennoch den Pioniercharakter aufweisen, der für die natürlichen Laichgewässer typisch ist. Pioniercharakter heißt, dass die Gewässer weitgehend frei von Fressfeinden wie Libellenlarven und Rückenschwimmern oder Konkurrenten wie Grasfrösche, Wasserfrösche und Molche sind. Im natürlichen Lebensraum der Amphibienarten Gelbbauchunke und Kreuzkröte erhalten die Laichgewässer einen Pioniercharakter dadurch, dass sie zeitweise austrocknen oder verschwinden und an anderer Stelle neue entstehen.
Wenn Kleingewässer wie Pfützen nur begrenzte Zeit Wasser führen, können sich die Feinde und Konkurrenten dieser Amphibienarten gar nicht oder nur in geringem Maße ansiedeln. Das ist ein Vorteil für die Larven von Gelbbauchunken, Kreuzkröten und auch Geburtshelferkröten, birgt aber das Risiko, dass die Gewässer austrocknen, bevor die Verwandlung zum Landtier abgeschlossen ist. Um dem entgegen zu wirken, legen Pionier-Amphibienarten vom Frühjahr bis in den Spätsommer mehrmals Eier oder Larven ab. Sind die Gewässer so beschaffen, dass sich das Wasser schnell erwärmt, kann die Entwicklung vom Ei über die Larve zum Jungtier innerhalb weniger Wochen vollzogen werden. Daher bevorzugen Pionierarten flache, sich schnell erwärmende Gewässer.
Pfützen und Fahrspuren: Prototyp eines künstlichen Pioniergewässers
In den Ersatzlebensräumen sind die Fahrspuren von schweren Fahrzeugen die Pioniergewässer par excellence. In Abbaugebieten, die in Nutzung sind, entstehen durch den Verkehr immer wieder an anderen Stellen flache Vertiefungen, in denen sich das Wasser schnell erwärmt und die auch wieder austrocknen, um sich dann beim nächsten Regen wieder neu mit Wasser zu füllen.
Wird der Abbau eingestellt, muss dennoch weiterhin durch das Gebiet gefahren und der Betrieb damit simuliert werden. Dies geschieht am besten in den Wintermonaten, wenn die Tiere zurückgezogen haben und auch jährlich, damit die Bodenverdichtung in den Fahrspuren Pfützen bildet, die das Wasser eine gewisse Zeit halten.
Eine solche Maßnahme wird zum Beispiel regelmäßig am Standortübungsplatz Aachen-Brand/Münsterbusch durchgeführt. In Kooperation mit dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Aachen sorgen hier gezieltes Graben und Befahren zusammen mit dem militärischen Übungsbetrieb für Laichgewässer für Amphibien.
Künstliche Pioniergewässer mit Pflegebedarf
In vielen Schutzgebieten ist eine Befahrung nicht möglich oder es fehlt am verdichtbaren Untergrund, wie z.B. Lehmboden. Hier gibt es die Möglichkeit, künstliche Gewässer mit einer wasserundurchlässigen Schicht anzulegen. Das „Austrocknen“ muss dann der Mensch übernehmen, indem das Wasser regelmäßig komplett entnommen wird und die Fressfeinde in dauerhafte Gewässer umgesetzt werden. Bis zu Projektbeginn wurden durch Naturschutzverbände wie den Arbeitskreis Naturschutz und die Biologische Station künstliche Gewässer in Form von Folienteichen und PE-Gartenteichen verwendet. Hierbei hat sich herausgestellt, dass Folienteiche schwierig zu reinigen und anfällig für Beschädigungen sind. PE-Gartenteiche eignen sich grundsätzlich gut, die Reinigung aber ist zeitaufwendig, da die Becken dazu komplett ausgegraben werden müssen. In öffentlich zugänglichen Bereichen sind diese Becken zudem nicht sicher davor, mutwillig entfernt oder beschädigt zu werden.
Gewässer aus Beton- die neue Generation der künstlichen Gewässer
Robust und pflegeleicht sind verschiedenen Arten von Betongewässern, wie sie u.a. in den Niederlanden von der Stiftung "Instandsetzung von kleinen Landschaftselementen in Limburg", kurz IKL, entwickelt wurden. Sie sind frostsicher, begehbar und können leichter gereinigt werden, ohne Schaden zu nehmen. Im Rahmen des Projekts kommen zwei Verschiedenen Typen zum Einsatz: zum einen Schachtringe unterschiedlicher Größe, die in einem Betonwerk als Fertigteil hergestellt werden und zum anderen Gewässer aus EPDM-Kautschukfolie mit Betonabdeckung, die vor Ort (Ortbetongewässer) angelegt werden.
Schachtringe: einfach zu reinigen, aber mit steilen Ufern
Die Schachtringe mit Bodenplatte verfügen alle über einen nachträglich eingebauten Ablauf und können darüber in den Wintermonaten einfach entleert werden. Das Ablauf-Rohr wird mit Gefälle verlegt und mündet in einer Sickermulde. Bisher wurden Ringe mit 40 Zentimeter Wandhöhe und einem Durchmesser von einem und zwei Meter eingebaut. Als Ein- und Ausstiegshilfen für die Amphibien aber auch andere Tiere werden Steine in die Ringe gelegt, die gleichzeitig für die Kaulquappen und frisch umgewandelten Amphibien Versteckmöglichkeiten bieten. Die Schachtringe eignen sich nicht für Kreuzkröten, da diese für ihre Paarungsaktivitäten Gewässer mit sehr flachen Uferzonen benötigen.
Ortbetongewässer: der variable Allrounder
Die Ortbetongewässer sind Folienteiche, die vor Ort mit einer Beton-Kunststofffasermischung überdeckt werden. Sie können variabel in ihrer Größe und Tiefe angelegt werden. Voraussetzung für die Anlage ist eine gute Erreichbarkeit der Flächen mit Bagger und möglichst auch Betonfahrzeug. Der Boden muss grabbar sein oder im Fall von anstehendem Festgestein, weggestemmt werden können.
Die Ortbetongewässer können verschieden modelliert und auch mit flachen Uferzonen ausgestattet werden. Mit diesem Aufbau können Gewässer angelegt werden, die sich für jede der drei Zielarten eignet. In den Projektgebieten wurden Ortbetongewässer in verschiedenen Größen von 5 bis 80 Quadratmeter Wasserfläche und Tiefen von 40 bis 80 Zentimeter angelegt. Bei geeignetem Gelände werden auch die Ortbetongewässer mit einem Ablauf versehen.
Tiefe, größere Ortbetongewässer, die im Winter nicht vollständig zufrieren, werden vor allem für die Geburtshelferkröte gebaut, deren Larven überwintern können, wenn sie erst im August geschlüpft sind. Die Larven der sind relativ unempfindlich gegenüber Konkurrenten, weshalb die Ortbetongewässer für Geburtshelferkröten auch nicht so häufig gereinigt werden. Gelbbauchunken nutzen diese Becken nur, wenn sie neu sind und frisch gereinigt wurden.
Tongewässer – die natürliche Alternative
Auf Ackerflächen soll getestet werden, ob sich Gewässer mit einer Tonabdichtung eignen. In eine entsprechend tiefe Mulde wird eine mindestens 50 Zentimeter dicke Schicht aus einem Gemisch natürlicher Mineralien wie Sande, Lehme und Tone aufgebracht und diese verdichtet.